Agieren statt Reagieren: So lautet das Motto von Predictive Maintenance, der vorausschauenden Instandhaltung in Industrie und Handel. Welche Rolle intelligente vorausschauende Wartung für die Optimierung wirtschaftlicher Abläufe in Unternehmen bereits jetzt spielt und was uns in den nächsten Jahren noch erwartet – dieser Beitrag gibt einen Überblick.

Bisherige Instandhaltung: Produktionsausfälle und personengebundene Wartungsmaßnahmen in Unternehmen

Traditionell erfolgt die Wartung von Maschinen bzw. Anlagen in Produktionshallen in der Regel reaktiv. Sie ist wenig komplex, dafür aber risikoreich. Ein Wartungsarbeiter bemerkt maschinelle Ausfälle oder Störungen im Ablauf. Er analysiert die Fehlerquelle und leitet behebende Maßnahmen ein, z. B. den Austausch des fehlerhaften Teils. Zwischen dem Erkennen und Beheben eines Problems steht die Maschine unter Umständen still und die Produktion verzögert sich, was unangenehme Kosten für das Unternehmen verursacht. Kosten, die zukünftig vermeidbar sind – dank intelligenten, vernetzten Systemen.

Die sogenannte Präventive Wartung ist bisher ebenfalls eine gängige Methode. In regelmäßigen Abständen werden beispielsweise Verschleißteile vorbeugend ausgetauscht. Auch, wenn diese noch tadellos funktionieren. Dies erscheint langfristig wenig nachhaltig bzw. Kosten ersparend.

Zudem ermöglicht die Variable Mensch keinen einheitlichen Ablauf der Instandhaltung. Je nach Nutzungsintensität und -dauer entstehen für jedes Gerät unterschiedliche Zeitpunkte zur Wartung und je nach Risikobewertung durch den Mitarbeiter werden diese Zeitpunkte subjektiv wahrgenommen.

Wie können maschinelle Ausfälle vorausschauend vermieden und unnötige Produktionskosten eingespart werden?

Wartung 4.0: Vernetzte vorausschauende Systeme für effizientes Arbeiten

Im Zuge von Industrie 4.0 werden auch Produktionsabläufe und Wartungsarbeiten digitalisiert und technisch optimiert.

Predictive Maintenance – Die proaktive Wartung mittels KI

Die vorausschauende Instandhaltung ist ein großes Anwendungsfeld im Bereich Digitalisierung. Für die Nutzung solcher Systeme, welche mit Unterstützung Künstlicher Intelligenz arbeiten, bedarf es Technologien wie dem Maschinellen Lernen durch Neuronale Netze oder dem Internet of Things (IoT) als Kommunikations- und Datennetzwerk.

Zentrales Merkmal dieser neuen Strategie der Instandhaltung ist die Erfassung und Auswertung eines großen Datennetzwerks der entsprechenden Maschinen und Geräte. Daraus soll der optimale Zeitpunkt für Inspektionen und Wartungsarbeiten abgeleitet bzw. Mängel rechtzeitig erkannt werden, bevor es zu Ausfällen kommt.

Da die vorausschauende Instandhaltung sehr viel komplexer als die bisherige Wartung arbeitet und eine Vielzahl an Daten nutzt, braucht es bestimmte Voraussetzungen bei Anwendern und Umgebung: Der Anwender und Entwickler des Systems benötigt entsprechende Fachkompetenzen zur adäquaten Nutzung. Außerdem muss ein Zugriff auf Big Data gewährleistet sein und damit verbunden eine ausreichende Rechenleistung der eingesetzten Systeme, um die Datenmengen reibungslos verarbeiten zu können.

Was kann vorausschauende Wartung?

Gegenüber bisherigen Instandhaltungsprozessen in Unternehmen liegen die Vorteile von Predictive Maintenance auf der Hand:

  • Vermeidung maschineller Ausfälle und Verzögerungen
  • Einsparung von Servicemitarbeitern bzw. kontrollierte Planung der Wartungsarbeiten (optimierter Ressourceneinsatz)
  • Genaue Erfassung der Daten des gegenwärtigen Zustands der Anlage
  • Längere Laufzeiten der Anlagen
  • Leistungs- und Produktivitätssteigerung
  • Energieeffizienz 

So funktionieren Predictive Maintenance Systeme

  1. Daten werden mittels Sensortechnik erfasst
    • Datenquelle ist hier Big Data und umfasst Daten der Maschine, Umgebungsinformationen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit sowie Geräusche (Condition-Based Maintenance).
    • Mithilfe dieser Daten wird dem System eine Wissensbasis angelernt. Die Verarbeitung der Informationen der vergangenen Daten erfolgt durch Neuronale Netze, welche die Zielvariable und Zustandsdaten vergleichen und Zusammenhänge erfassen können.
    • Dieser Wissensstamm wird mit zusätzlichem menschlichem Expertenwissen angereichert. Dies ist die Grundlage für Prognosen.
  2. Daten werden durch Wartungssoftware bewertet
    • Ein Programm errechnet mittels Analyse-Algorithmen Eintrittswahrscheinlichkeiten für bestimmte Ereignisse.
    • Die erfassten Daten werden für den Anwender verständlich aufbereitet und liefern ihm so wichtige Informationen als Entscheidungsunterstützung für entsprechende Wartungsmaßnahmen.
  3. Wartungsmaßnahmen können eingeleitet werden
    • qualitativer Ansatz: Reduktion von Instandhaltungskosten
    • quantitativer Ansatz: Maximierung der Verfügbarkeit der Produktionsanlagen

Dieses Vorgehen kommt in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz. Bisher arbeitet vor allem die Automobilbranche mit intelligenten Wartungssystemen, z. B. um Mängel an Fahrwerk und Motor frühzeitig zu erkennen. Vernetzte Fahrzeuge kommunizieren inzwischen mit Werkstätten, wann der nächste Termin zur Inspektion fällig ist. Doch auch im Facility Management oder der Antriebstechnik finden sich bereits Predictive Maintenance Anwendungen.

Wie entwickelt sich die vorausschauende Instandhaltung weiter?

KI in der Wirtschaft wird durch Industrie 4.0 stark vorangetrieben. Derzeit befinden wir uns erst am Anfang. Zukünftig unterstützen uns zunehmend integrierte Assistenzsysteme bei wichtigen Arbeitsabläufen wie der Wartung.

So werden Wearables, z. B. Datenbrillen mit gezielten Service Anleitungen für Wartungstechniker, Smartphones mit speziellen Sensoren oder auch intelligente persönliche Schutzausrüstungen (PSA) das Bild in Produktionshallen verändern.

Zudem rücken im Zuge der Energiewende und gesellschaftlichen Veränderungen neue Branchen für Predictive Maintenance in den Mittelpunkt. Dazu gehören u. a. Erneuerbare Energien oder Health Care.

Maschine hin oder her: Der Mensch ist nicht ersetzbar

Auch wenn KI-gestützte Anwendungen prägend für die Zukunft von Industrie und Handel sein werden, so hat der Mensch doch seinen festen Platz in diesem Prozess als überwachendes Organ. Er reichert maschinell lernende Systeme mit Expertenwissen an und ist auch weiterhin der Hauptakteur in Entscheidungsmechanismen. Ebenfalls kreative individuelle Lösungen können gegenwärtig noch durch keine Maschine erfasst werden. So sitzt der Mensch auch im Zeitalter der Digitalisierung bislang noch am längeren Hebel.

Annika Hübner

Annika unterstützt unser Redaktionsteam als Junior Content Managerin und wird sich im Blog mit vielfältigen Themen auseinander setzen.

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