Selbstfahrende Autos und kleine Roboter, welche die Hausarbeit erledigen – dies ist mittlerweile im digitalen Zeitalter schon möglich. Doch wie weit kann die Digitalisierung noch gehen? Die Serie Upload befasst sich mit einem besonderen Fall: dem Weiterleben nach dem Tod als Avatar.

Die Serie Upload – Der Inhalt

Upload ist eine Sci-Fi-Serie, welche seit dem Mai 2020 auf Amazon Prime Video verfügbar ist. In der Serie geht es um Nathan Brown (gespielt von Robbie Amell), welcher mit seinem selbstfahrenden Auto einen Unfall hatte. Seine reiche Freundin Ingrid (gespielt von Allegra Edwards) überredet ihn dazu, sich als digitalen Avatar hochladen zu lassen, um so weiterleben zu können. Nach anfänglichen Zweifeln stimmt er zu und lässt sich in die virtuelle Welt von Lake View uploaden.

Dafür wird sein Gehirn gescannt und seine Erinnerungen auf einen Avatar übertragen. Er lebt ab nun an in einem virtuellen Luxus Resort, wo alles möglich ist, solange das Konto gedeckt ist. Denn für alle Sonderausstattungen muss der Avatar wie bei einem Online Game extra bezahlen. Um sich in dieser Welt zurechtzufinden, steht Nathan ein Kundenservice-Engel namens Nora (gespielt von Andy Allo) zur Verfügung. Mit ihrer Hilfe lernt sich Nathan in der Welt von Upload zurechtzufinden. Mit viel Witz und Charme werden in den Folgen der Staffel 1 die Vorzüge, aber auch Nachteile des digitalen Lebens nach dem Tod erzählt.

Wie viel Wahrheit steckt in der Serie Upload?

Die Serie Upload ist als Sci-Fi-Serie von Amazon betitelt worden. Doch ist das alles so unwahrscheinlich? Erst vor ein paar Wochen sah ich mit meiner Mutter einen Bericht, dass Kayne West seiner Ehefrau Kim Kardashian ein ganz besonders Geburtstagsgeschenk machte. Er schenkte ihr ein Hologramm ihres verstorbenen Vaters.

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Während meine Mutti sofort sagte: „Ach das ist aber eine schöne Geste.“, erstarrte mir das Gesicht. Wie können Menschen so etwas schön finden? Sofort schaltete ich den Computer an und googelte etwas zu dem Thema. Bei der Recherche ist mir auf eine Serie auf Netflix aufgefallen, die sich ebenfalls mit verschiedenartigen Auswirkungen der Verwendung von Technik und Medien auf den Menschen befasst. Die Serie heißt „Black Mirror“ und hat 5 Staffeln. In der Staffel 4 existiert die Folge „Black Museum“. In dieser Folge geht es um einen Mann, der nach seiner Hinrichtung als Avatar in Gefangenschaft weiterlebt. Dabei wird die holografische Kopie des verurteilten Mörders immer und immer wieder im Museum hingerichtet. Nur zur Belustigung der Menschen.

Interview mit Jürgen Schulze – Das Digitale Leben nach dem Tod

Ich habe mich zu dem Thema auch mit Jürgen Schulze unterhalten. Er beschäftigt sich schon längere Zeit auf seinen Blog coterminus.com mit dem Thema „digitales Leben nach dem Tod“.

Luisa: Hallo Jürgen, schön, dass du dir die Zeit genommen hast mit mir über das digitale Leben nach dem Tod zu sprechen. Wie viel Wahrheit steckt deiner Meinung nach in der Serie Upload? Wird es in den kommenden Jahren möglich sein, sich als Avatar in ein Leben nach dem Tod zu beamen?

Jürgen: Ich halte mich da an Nicholas Negroponte, den Gründer des MIT Medialabs, der mir 1997 bei einer Tasse Kaffee in San Diego einen Satz mit auf den Weg gab, der mir seitdem zwar nicht das Erstaunen, zumindest aber negative Überraschungen in der Informationssicherheit erspart hat: „Everything you can imagine, happens. Plus” (Alles, was Du Dir vorstellen kann, passiert auch. Und noch viel mehr).

Nach John Locke „kommt Persönlichkeit nur intelligenten Akteuren zu, die zu einem Gesetz fähig sind, sowie zu Glück und Leiden” (Wikipedia). Bei Intelligenz können wir uns schon mal ausgiebig streiten. Nicht jeder Algorithmus, dem künstliche Intelligenz zugeschrieben wird, wird diesem Attribut auch gerecht. Wenn es sich „nur” um historische, digital vorliegende Daten handelt, ist die Frage leicht zu beantworten: „Ja”. Das ist easy. Stellt sich die Frage, wie „überlebensfähig” diese Daten im Hinblick auf Aktualität post mortem sind? Das bringt mich zur nächsten Frage: Soll der Avatar auf dem letzten, durch seinen „Urheber” definierten Stand stehenbleiben oder sich weiterentwickeln? Ersteres würde mit der Zeit wohl ausgesprochen langweilig werden, selbst wenn man den Kontext der Daten unendlich permutieren würde. Wenn sich der Avatar jedoch weiterentwickeln soll, stellt sich nicht nur die Frage nach der Sinnhaftigkeit, sondern auch die, auf Grund welcher Reize er „lernen” und wer hier die Auswahl vornehmen soll.

Luisa: Welche Chancen und Risiken siehst du in dem digitalen Leben als Avatar nach dem Tod?

Jürgen: Für Hinterbliebene, die nicht loslassen können oder wollen, ist der digitale Avatar des lieben Verstorbenen eine Möglichkeit der Zwiesprache, die der analoge Friedhof nicht bietet. Außer interessanten Monetarisierungsmodellen für die Betreiber der dazu nötigen Infrastruktur tue ich mir gerade sehr schwer, weitere sinnvolle Chancen zu identifizieren.

Auf der Risikoseite stellen sich mir die rechtlichen Fragen: Welche Befugnisse hat der Avatar? Ich stelle mir gerade die deutsche Rechtsanwaltskammer vor, die einen Avatar verklagen will. *schmunzelt*

Luisa: Wenn es aber doch soweit kommen würde, ist dann ein digitales Leben nach dem Tod ethisch vertretbar?

Jürgen: Es wäre vertretbar, wenn der Avatar von allen als solches klar erkennbar wäre. Er müsste auch in Hinblick auf die verwendeten Daten vollständig konsentiert sein. Dann könnte man von Unterhaltung sprechen, die dann denselben kulturellen und gesetzlichen Normen entsprechen müsste, wie jede andere Art der Unterhaltung.

Luisa: Danke für die Einblicke in deine Sichtweise. Würdest du einen Upload deiner Person vornehmen lassen?

Jürgen: Nein. Ich möchte meine Hinterbliebenen schützen, mit denen ich zu Lebzeiten zu tun hatte. Auch meine eigene Identität möchte ich schützen, an der mir auch nach finalem Kontrollverlust gelegen ist. Selbst statische digitale Informationen unterliegen bereits unkontrollierbarer Beeinflussung hinsichtlich Kontext, Integrität und Verfügbarkeit. Entgegen anders lautender Beteuerungen vergisst das Internet sehr wohl. Halt nur nicht das, was es soll. Ich will nicht, dass die, die mir heute am Herzen liegen, mit meinem losgelassenen Monster zu kämpfen haben. Mein digitales „Ich” besteht ja auch und besonders aus den Leben all derer, mit denen ich mich zu Lebzeiten ausgetauscht habe.

Luisa: Da hast du vollkommen recht. Noch sind wir mit dem Upload unseres gesamten Körpers inklusiver aller Gefühle noch nicht so weit. Aber wir hinterlassen dennoch nach unserem Tod ein digitales Erbe. Gibt es wichtige To-dos die wir noch zu Lebzeiten erledigen sollten, um unser digitales Leben zu schützen?

Jürgen: Ja, da gibt es reichlich zu tun:

  1. Im Zweifelsfall Rat von Experten und/oder einer Person des Vertrauens holen, bevor man selbst aktiv wird. Hauptfehler: Selbstüberschätzung
  2. Kategorisierung der digitalen Besitztümer nach Wichtigkeit, Wert, Risiken, Kosten für Wiederbeschaffung etc.
    • Nicht nur mit sich selbst im Blick, sondern auch mit…
    • …dem Rechtsnachfolger oder Vertreter für den Notfall
  3. Sicherstellen, dass man einen Überblick hat über alle „digitalen Besitztümer” und/oder die z. B. der Eltern/Kinder
    • Wo habe ich es?
    • Wer muss im Notfall rankommen?
    • und: Was zur Hölle ist der Notfall?
    • Wer sich nicht kümmert, wird keine Freude am Erbe haben. Und das ist auch gut so. Wäre ja auch nicht verdient!
  4. Kümmere dich rechtzeitig um das digitale Leben deiner Eltern und binde deine Kinder in dein eigenes digitales Leben ein, solange du noch klar im Kopf bist. Am besten jetzt sofort. Das betrifft vor allem:
    • Rechtliches
      1. Patientenverfügung
      2. Vorsorgevollmacht
    • Datensicherungen
      1. Zugriffsinformationen
  5. Konsequente Nutzung eines Passwort Managers. Nicht nur für Passwörter, sondern auch z. B. für Software-Lizenzen, Sicherheitscodes, Simkartennummer etc. Das ist immer up to date. Ein Zettel wäre das nicht und er verschwindet auch schnell. Ausgewählte Informationen auch mit Personen des Vertrauens teilen.
  6. Im Notfall nichts löschen oder abmelden, was möglicherweise notwendig ist, an wichtige Informationen zu kommen, z. B.
    • Handyvertrag
    • Kreditkarte
    • Internetdienste
  7. Immer Dranbleiben! Thematisiere das Thema auch in deiner Familie und beschäftige dich regelmäßig mit der Digitalisierung.

Luisa: Vielen Dank Jürgen für dein Interview!

Wie steht ihr zum Thema digitales Nachleben als Avatar? Habt ihr euch schon einmal darüber Gedanken gemacht? Schreibt es mir gern in die Kommentare!

Luisa Speer

Luisa ist die gute Seele von semcona und versorgt uns regelmäßig mit Schoki und anderen Leckereien. Als Head of Content kümmert sie sich genauso fürsorglich um alle Redaktionsprojekte. Im Blog schreibt Luisa demzufolge über Content-Themen und die neuesten App-Trends.

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